Hausarztpraxis Oliver Hanemann - Facharzt für Allgemeinmedizin

zusätzliche Behandlungsbereiche:  Akupunktur (A-Diplom) &  Traditionelle Chinesische Medizin - Manuelle Medizin/Chirotherapie



ePA - die elektronische Patientenakte kommt!

Am 15.01.2025 beginnt der nächste Schritt im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitssystem: die elektronische Patientenakte (ePA) wird verpflichtend eingeführt. Zunächst gibt es an 4 Stellen in Deutschland eine Probephase von 4 Wochen, danach gilt diese Pflicht für alle Praxen.

Inzwischen werde ich vermehrt angesprochen, wie meine Einstellung dazu ist, da nun immer mehr von Ihnen von Ihrer Krankenkasse diesbezüglich angeschrieben werden und Sie mit Fristvorgaben genötigt werden, von Ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen. Wenn Sie nicht bis zu dieser Frist widersprechen würden, würde dies dann als Zustimmung gewertet.

Hier beginnen schon die Probleme:
1.) Es ist nachvollziehbar, dass die "kranken Kassen" zeitlichen und organisatorischen Vorlauf benötigen. Die Fristvorgabe ist dabei nachvollziehbar, jedoch rechtlich NICHT verbindlich. Androhungen, dass ein Verstreichen dieser Frist mit einer Zustimmung gleichzusetzen ist, ist juristisch nicht haltbar. Sie haben JEDERZEIT das Recht, die Nutzung zu widerufen! Auch wenn Sie am Tage der Einführung die Nutzung wiederrufen, ist dies gesetzeskonform. Und zu jedem späteren Termin natürlich auch. Hintergrund ist, dass Sie als betroffener und verantwortlicher Nutzer und Nutzerin ein sogenanntes Opt-Out-Verfahren nutzen müssen - das heisst, sie müssen der Nutzung der ePA ausdrücklich wiedersprechen.

Bevor Sie also eine Entscheidung treffen, informieren Sie sich gründlich!

2.) Das Gesetz schreibt unmissverständlich vor, dass die Krankenkassen für die Aufklärung und Beantwortung aller Fragen, die Sie haben, verantwortlich sind. Nicht der Hausarzt oder andere Fachärzte oder oder oder. Trotzdem ist es sinnvoll, Ihnen hier an dieser Stelle zusätzliche Informationsmaterialien an die Hand zu geben, weil davon auszugehen ist, dass die Berater der Krankenkassen Ihnen - wie in einem Verkaufsgespräch - alles mögliche an tollen Dingen erzählen und kritische Punkte verschweigen werden. Die Informationen hier und auf der verlinkten Seite zum Medi-Verbund sollen Ihnen dazu dienen, sich auf das Beratungsgespräch vorzubereiten und Fragen stellen zu können, die ansonsten verschwiegen würden.

Insbesondere weise ich auf folgende wichtige Tatsache hin: Ihre Daten werden nicht irgendwo in Deutschland auf deutschen Servern, die den nationalen Datenschutzgesetzen unterliegen, gespeichert. Nein, dafür wurde eine "europäische Cloud" geschaffen - der sogenannte EDHS (European Data Health Space). Auch wenn versichert wird, dass die Daten anonymisiert werden, ist trotzdem vorgesehen, dass auch Einrichtungen wie Forschungszentren, Pharmafirmen usw. Zugriff auf die Daten bekommen werden. Diesbezüglich ist Vieles noch unklar und nicht geregelt. Sprechen Sie Ihre Beraterin oder Ihren Berater der Krankenkasse darauf an!

3.) Ich begrüße grundsätzlich eine elektronische Patientenakte, da diese die Qualität Ihrer Versorgung verbessern wird. Vorausgesetzt, sie wird auf eine einfache Art und Weise gepflegt und befüllt, erleichtert sie allen beteiligten Ärztinnen und Ärzten, nachzuvollziehen, was alles schon in welchem Umfang an Diagnostik, Therapie und Kontrollen durchgeführt wurde. Es erspart sinnfreie und teure Mehrfachuntersuchungen (zB. Labor) und gibt Ihnen auch die Möglichkeit, mehr Verantwortung für Ihre Gesundheit zu übernehmen, indem Sie aktiv beteiligt werden.

Leider ist das Ganze im Moment noch nicht praxistauglich.

4.) Wir sind grundsätzlich in meiner Praxis darauf vorbereitet und können die ePA jetzt schon pflegen. In unseren praxisinternen Probeläufen zeigt sich allerdings, dass die von der Politik veranschlagten zeitlichen Vorgaben (Erstbefüllung und später dann Ein- und Auslesen neuer Datensätze und Aktualisierung) komplett unrealistisch sind. Es bedarf vor allem verfügbares Personal und Zeit dafür und einen separaten Platz, um den Fluss in der Praxis nicht noch weiter zu stören. Sie kennen das: zu bestimmten Stoßzeiten steht eine Schlange vor der Praxis und alle Beteiligten arbeiten unter Hochdruck, um diese Schlange abzuarbeiten. In solchen Situationen besteht absolut keine Möglichkeit, sich um die Pflege der ePA zu kümmern. Sobald krankheitsbedingte Personalausfälle auftreten, ist die Praxis sowieso vor dem organisatorischen Kollaps.

Zudem zeigt sich, dass der tatsächliche Aufwand (personell und zeitlich) typischerweise von der Politik wieder nur kläglich vergütet wird. Es stellt ein weiteres Teil in der Liste der Mißachtung der ambulanten, hausärztlichen Arbeit dar, aber die entwürdigende Respektlosigkeit gegenüber der ambulanten Medizin ist bekanntermaßen politisches Selbstverständnis.

Die Liste an Alltagsbeispielen, wie die ePA die Praxisabläufe deutlich stören und verzögern würde, könnte hier noch ewig lang fortgeführt werden ... 

Wir werden weiter prüfen; Ihnen diesen Service zu ermöglichen. Ich weise aber darauf hin, dass die alltägliche Patientenversorgung oberste Priorität hat und derartige Services absolut an letzter Stelle stehen werden.

5.) Der Medi-Verbund Baden-Württemberg e.V. hat sich dieses Themas angenommen und in sachlicher Weise sowohl einen offenen Brief an die KBV (kassenärztliche Bundesvereinigung) als auch an die Datenschutzbeauftragte des Bundes verfasst. Außerdem hat der Medi-Verbund in hervorragender Weise eine Aufklärungskampagne mit vielen Informationsmaterialien gestartet.

Alle Informationen dazu finden Sie HIER.

6.) Für Privatversicherte werden in der Zukunft derartige ePA auch zur Verfügung stehen. Aufgrund anderer juristischer Vertragsverhältnisse zwischen den privat Versicherten und jedem Teilnehmer der Gesundheitsversorgung (Praxen, Apotheken, Kliniken) sind hier noch verschiedene juristische Hürden zu nehmen, bevor Privatversicherte dies auch nutzen können. 




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